Bevor sich nun irgendwer Gedanken zu meinem Geisteszustand zu machen beginnt, zuerst eine kleine Aufklärung bzgl. der Themenwahl. Nein, ich züchte keine Brieftauben und nein, ich habe das auch nicht vor. Ich interessiere mich aber für Flora und Fauna insgesamt und dementsprechend stolpere ich zwangsläufig über Informationen zu Tierzüchtern, Art- und Rassebeständen sowie aussterbende Arten. Jetzt bin ich eben über eine kurze Info zu Brieftauben gestoßen und habe mich, ganz regionalverbunden, etwas genauer Informiert.
Obwohl die Halter bzw. Züchter von Brieftauben sich quasi kein schöneres, ja sogar erfüllenderes Hobby als die besagte Vogelzucht vorstellen können, schwindet ihre Anzahl in der Oberpfalz allmählich. Ich muss zugeben, ich habe hier und da schon einen Schwarm gerade abfliegender und ankommender Brieftauben gesehen und finde es sogar beeindruckend. Noch interessanter finde ich aber den Umstand, dass Brieftauben wahre Experten in Sachen Orientierung und Navigation sind. Egal auf welchem Weg man sie transportiert und wie weit sie von ihrem Nest entfernt werden: Lässt man sie frei, fliegen sie einfach in die Höhe und nehmen dann ihren Kurs auf – direkt in Richtung Nest. Dabei kennen sie sich in der Regel dort, wo sie freigesetzt werden, überhaupt nicht aus. Ich frage mich da schon, wie sie das schaffen. Ich meine, viele Frauen schaffen es ja nicht einmal unfallfrei von einer Stadt zur Nächsten. 😀 . (Sorry Mädels, ein bisschen Spaß muss schon sein). Jetzt fragst du dich gerade, was mein geistiger Erguss mit den Oberpfälzer Brieftaubenzüchtern zu tun hat, gell? Nichts. Ich möchte dich lediglich mit ein paar Grundlagengedanken beschäftigen. Ich gehöre nämlich zu den grauen Männern, die dir deine Zeit rauben. (ruhe in Frieden, Momo ;-).
Die Oberpfälzer können es halt einfach
Ja, so ist es. Die Oberpfälzer haben die Brieftaubenzucht durchaus im Griff. Mit rund 550 aktiven Züchtern in der Oberpfalz schwindet zwar der Bestand allmählich, die Aktiven aber bringen mit ihren Züchtungen immer wieder Spitzenleistungen in bundesweiten Wettbewerben zustande. Da darf man ruhig mal, ganz heimatverbunden, klatschen. Die Taubenzüchtervereine haben aber trotz ihrer Erfolge mit ernsten Nachwuchssorgen zu kämpfen, weil eine solche Zucht ganzjährig die Aufmerksamkeit der Züchter bedingt. Viele Jugendliche und junge Erwachsene sind nicht mehr dazu bereit, sich über einen solch langen Zeitraum zu binden (es betrifft also nicht nur die Beziehungsunfähigkeit, sondern alle Arten von längerfristiger Bindung). Verbandsvorstände und Mitglieder beklagen die mangelnde Bereitschaft, zumindest einmal bei Züchtern „reinzuschauen“ – denn allein dadurch würden einige Zuschauer erkennen, wie vielfältig dieses Hobby ist und dementsprechend dann auch mitmachen wollen.
Was haben junge Menschen und Raubvögel gemeinsam?
Nun, beide Sparten haben das Talent, in den unpassendsten Momenten nicht den Schnabel halten zu können. Raubvögel haben aber zumindest eine gute Ausrede, denn sie sind auf Nahrung angewiesen, die sie draußen finden können. Den Züchtern machen diese Raubvögel, die in den vergangen Jahren immer zahlreicher werden, aber durchaus Kopfzerbrechen. Statistiken zufolge kassiert ein Habicht alleine zwischen 40 und 50 Tauben pro Jahr. Bedenkt man, wie viele Habichte in der Oberpfalz ihr Revier aufgeschlagen haben, kommen da gleich mal einige Tausend Tauben pro Jahr zusammen. Nun ist auch klar, dass unter dieser großen Anzahl auch viele wilde Stadttauben als Opfer mitgerechnet werden, was den Schwund bei den Züchtern bereits weniger dramatisch wirken lässt. Ärgerlich sind solche Ausfälle natürlich trotzdem, denn gute Zuchtvögel sind für die Züchter ein wertvolles Gut. Mittlerweile sind die Züchter dazu übergegangen, ihre Tauben in der Zeit zwischen Oktober und März nicht mehr frei fliegen zu lassen, denn in dieser Zeit sind sie wesentlich gefährdeter als während dem Frühjahr und Sommer. Grund ist das mangelnde Angebot an Futter für die Habichte im Winter – sie konzentrieren sich also verstärkt auf die Taubenjagd.
Es gibt aber nicht nur Brieftauben, die gezüchtet werden
In der gesamten Bundesrepublik gibt es noch ca. 50.000 Brieftaubenzüchter. Obendrauf müssen noch die aus dem gleichen Segment stammenden Züchter für Kunstflieger und besondere Rassen gepackt werden. Die Taubenzucht, genauer gesagt die Haltung, ist keineswegs sonderlich schwierig. Nicht einmal die Aufzucht der Vögel ist kompliziert, denn die Tiere übernehmen alle erforderlichen Arbeiten einfach selbst. Man muss ihnen lediglich angemessene Nisträume zu Verfügung stellen. Hinderlich für junge Interessenten ist eher die Regelmäßigkeit, mit der bestimmte Tätigkeiten durchgeführt werden müssen. Das tägliche Füttern beispielsweise und das regelmäßige Ausmisten der Volieren. Gefüttert werden den Tauben in der Regel verschiedene Getreidearten, weil sie enorm Energiereich sind.
Und die Moral von der Geschicht‘?
Einen Vogel hat man, oder nicht. Haha. Ok, war nicht wirklich witzig, sehe ich ein. Warum ich überhaupt darüber schreibe ist, weil ich möchte, dass derart traditionsreiche Unternehmungen langfristig nicht mangels Interesse einfach aussterben. Wer von euch hatte denn auf dem Schirm, dass man auch Brieftauben züchten könnte? Ich finde das Thema durchaus spannend, habe mich aber schon darauf eingeschossen, ab dem kommenden Jahr in die Hühnerzucht zu gehen. Vielleicht werde ich dann auch ein paar Artikel und/oder Erfahrungsberichte dazu schreiben, falls es jemanden interessieren sollte. Wer weiß?